Geschichtliches zum Flipper.
Die heutigen Flipper haben ihre Wurzeln in den Bagatellen und Nadelflippern. Die Bagatelle ist ein mit dem Billard verwandtes Spiel bei dem eine Kugel in bestimmte Körbe gespielt werden musste. Sie kamen im 17. Jahrhundert in Mode. Bekannte Bagatelle-Spieler waren z.B. Louis XVI oder Abraham Lincoln. Die Nadelflipper die Anfangs des 19. Jahrhunderts gebaut wurden haben viel mit diesen Bagatellen gemeinsam. Auch hier wurden Körbe durch Nägel geformt oder die Spielfelder wurden mit Löchern versehen die unterschiedliche Punkte zählten, je nachdem wie schwer sie zu treffen waren. Nur der Billardstock wurde durch eine mechanische Abschussvorrichtung ersetzt und die Kugeln waren wesentlich kleiner.
Die Punkte mussten die Spieler am Spielende selbst zusammenzählen.
Das änderte sich gegen Ende der 30er Jahre. Die Taschen und Löcher wurden durch andere Ziele (Bumper) ersetzt, welche bei Berührung durch die Kugel bestimmte Punkte wertete. Diese wurden von einem mechanischen Schrittzählwerk addiert und durch Lämpchen in der Backbox angezeigt. Ansonsten änderte sich nicht viel am Spielablauf. Der Spieler konnte nur die Kugel ins Spiel bringen und hoffen, möglichst viele Punkte zu bekommen. Während die Punkte am Anfang noch recht übersichtlich waren, kam es später zu einer wahren Punkteinflation. Man konnte Millionen von Punkten bekommen - obwohl man nur eine Hand voll Kontakte getroffen hat. Ebenfalls in den 40er Jahren wurde der Tilt-Mechanismus erfunden, eine Vorrichtung die verhindern sollte das die Spieler ihrem Glück durch stoßen oder heben zu sehr nachhalfen. Je nach Hersteller hatte ein Tilt das sofortige Spielende oder, wie z.B. beim Bergmann Favorit, eine Löschung der erzielten Punkte, so dass der Spieler wieder bei 0 Punkten starten musste.
1947 machte Gottlieb dann eine Erfindung die den Flipper revolutionierte: den Flipperfinger. Mit diesem hatte der Spieler nun endlich die Möglichkeit aktiv ins Spiel einzugreifen. Dadurch wurde der Flipper von einem Glücksspiel zu einem Geschicklichkeitsspiel. Der Spieler selbst hatte es in der Hand wie viele Punkte er holen würde. Es dauerte aber noch ein paar Jahre bis die Flipperfinger so angeordnet waren wie wir sie heute kennen. Bis dahin wurde aber wild experimentiert. Flipper wurden an allen erdenklichen Stellen und in allen möglichen Positionen eingebaut. Aber die Spieler lernten schnell wo die Flipper montiert sein mussten um viele Punkte zu bekommen und lange Spaß am Spiel zu bekommen.
Anfang der 50er Jahre verabschiedete man sich von der Punkteanzeige mittels Lämpchen und verbaute Walzenzählwerke. Anfangs waren diese 3-stellig. Aber auch hier griff die Punkteinflation um sich, so dass man schnell 3 1/2 -stellige Zählwerke einbaute wie zum Beispiel beim Mardi Gras. Dabei wird die 1000 durch eine Lampe ersetzt. So können Punkte von 1 bis 1999 dargestellt werden, ohne eine vierte Walze verbauen zu müssen. Ab 1970 wurden dann 4, 4 1/2, 5 und sogar 6-stellige Zählwerke verbaut.
Während bis ca. 1954 alle Flipper bauartbedingt nur für Einzelspieler gebaut wurden, konnte man nach der Umstellung auf Walzenzählwerke auch Flipper für 2, 4 und sogar 6 Spieler bauen. Damit traten dann auch der Gemeinschaftsgedanke und der Wettbewerb im Spiel gegeneinander in den Vordergrund. Anfang der 60er Jahre wurde der letzte Flipper mit Leuchtanzeigen gebaut, die Walzenzählwerke hatten sich am Markt durchgesetzt. Auch die bis dahin üblichen Kugelheber wurden ab 1964 nach und nach durch die automatische Kugelrinne ersetzt, so dass der Spieler die Kugel automatisch in die Abschussrinne gelegt bekommt.
1966 war dann das Geburtsjahr des Multiballspiels. Dabei konnte der Spieler erstmals mit 3 Kugeln gleichzeitig spielen. Der erste Flipper der dieses Multiballspiel anbot war der Capersville. Aber auch weiter bekannte Flipper wie der Four Million B.C. oder der Fireball nutzen dieses Feature. Der Four Million B.C. und der Fireball waren auch die ersten Flipper die eine Rampe auf dem Spielfeld verbaut hatten. Diese hatte zwar noch nicht die Funktion eine andere Spielfeldebene zu erreichen, aber es gab je nach Geschick des Spielers viele Extrapunkte.
Ab Anfang der 70er Jahre wurde dann der kleine Flipperfinger durch den noch heute üblichen 3" Flipperfinger ersetzt. Dadurch bekamen die Spieler noch mehr die Kontrolle über das Spielgeschehen. Fast zeitgleich wurde auch der Bonus eingeführt, den der Spieler nach dem Kugelverlust gutgeschrieben bekommt. Hintergrund war aber hier weniger die Belohnung für die Spieler oder das erreichen möglichst hoher Punktzahlen, sondern einfach der Gedanke mit dem Bonus den Vandalismus an den Geräten zu verhindern. Geht der Spieler zu grob mit dem Flipper um gibt es keinen Bonus.
Allerdings wurde der Bonus schnell zu einem unverzichtbaren Spielelement für die Spieler. Die versuchten immer den Bonustopf zu füllen um hohe Punktezahlen zu erreichen. Damit änderte sich dann auch die Spielweise am Flipper und auch die Hersteller passten die Spielfeldlayouts dieser Tatsache an. Schnell bekamen die Flipper einfache Regeln mit denen der Spieler auch 2-fach, 3-fach oder gar 5-fach Bonus bekommen konnte.
Auch die Grafik der Flipper änderte sich ab Mitte der 70er Jahre. Immer mehr wurden Filme, Personen oder Ereignisse zum Thema des Flippers - die Anfänge des Merchandisings.
1977 schlug schließlich die Geburtsstunde der elektronischen Flipper. Da die Hersteller aber wussten, daß die Spieler alte Gewohnheiten nicht so schnell ablegen würden, fuhr man zu Anfang mehrgleisig. Es wurden sowohl eine herkömmliche elektromechanische Version als auch eine elektronische Version desselben Flippers gebaut. Williams ging sogar so weit ein mechanisches Zählwerk in einen elektronischen Flipper (Hot Tip) einzubauen, nur um eine Geräuschkulisse wie bei einem elektromechanischen Gerät zu erhalten. Aber die Spieler lerntet schnell die Vorteile der Elektronik zu schätzen, so dass die Umstellung auf die neue Gerätetechnik schon 1979 abgeschlossen war.
Ein großer Nachteil der elektromechanischen Steuerung war der Steuermotor. Trifft der Spieler ein Ziel und der Motor ist noch nicht in der Grundstellung, wird der Treffer nicht gewertet. Diesen Nachteil kennt die elektronische Steuerung nicht. Hier werden alle Treffer gespeichert und ausgewertet. Weiterhin wurden nun auch komplexere Regeln möglich, deren Umsetzung mit Relaistechnik am Platzbedarf scheitern würde.
Ausgelöst durch die Flipper der Herstellers Atari gab es 1979 einen Boom an überbreiten Flippern, den Widebodies. Mehr Spielfeld versprach den Spielern mehr Spaß. Das große Spielfelder mit weiten Kugelwegen aber auch ein langsames Spiel bedeuteten erkannte man erst später, so das Widebodies zwar immer wieder mal gebaut wurden, aber die Ausnahme blieben.
1980 war dann die Geburtsstunde der Sprache und der Multilevel Spielfelder. Der erste Flipper in Großserie der Sprache einsetzte war der Gorgar von Williams. Kurz darauf folgte der Xenon von Bally. Bally hatte zwar auch schon einen Kiss-Prototyp mit Sprache gebaut, dieser ging aber nie in Serie. Während der Gorgar einen begrenzten Sprachschatz von 7 Worten besaß welche die CPU je nach gewünschtem Satz anders zusammensetzen konnte, ging Bally vorerst einen anderen Weg indem man Sprache digitalisierte, komprimierte und dann ganze Phrasen aufrief (Vocalizer-Board). Letztendlich setzte sich dann aber eine Zwittertechnik die sowohl einzelne Worte als auch ganze Phrasen speicherte durch, nicht zuletzt dank sinkender Preise für Speicherchips. Die Multilevel Spielfelder wurden mit dem Dark Knight von Williams und dem Flash Gordon von Bally eingeführt. Dabei kann der Spieler über Rampen ein zweites kleines Spielfeld erreichen um dort Punkte zu holen.
Dennoch gingen die Verkaufszahlen durch die starke Konkurrenz der Video-Automaten immer weiter zurück, so dass in den folgenden Jahren wieder einfacher aufgebaute Flipper gebaut wurden. 1985 erschien dann der erste Flipper mit Alphanumerischer Anzeige. Nun konnte der Flipper Messages an die Spieler geben und der Spieler konnte sich mit seinen Initialen in einer Highscore-Liste eintragen. Auch das Regelwerk der Flipper wurde weiter vergrößert, so dass die Spieler nun Aufgaben und Missionen erledigen mussten. Das bedeutet, dass je nach Mission bestimmte Ziele in einer bestimmten Reihenfolge zu treffen sind. Dafür gab es dann Extra Punkte oder andere Belohnungen und der Spieler bekam die nächste Aufgabe. Dadurch sollte das Gefühl von Abweschslung beim Spieler geweckt werden. Leider wurden dadurch aber auch Gelegenheitsspieler abgeschreckt die einfach keine Lust hatten sich mit komplexen Regeln zu beschäftigen. Sie wollten einfach nur spielen.
1991 wurde zum ersten Mal ein Dot-Matrix Display in einem Flipper verbaut (im T2). Dieses konnte sowohl die Spielstände anzeigen als auch Informationen zum Spiel an den Spieler geben. Beliebt waren auch die Video-Modes. Kleine Videospiele die bei bestimmten Treffern aktiviert wurden und die der Spieler mit den Flipperknöpfen steuern konnte. Die neue Technik und deren Möglichkeiten sorgten noch einmal für einen kleinen Boom auf dem Flippermarkt. In diese Zeit fällt auch die Produktion eines der erfolgreichsten Flipper überhaupt, des "Addams Family" der zwar unter dem Namen Bally vertrieben wurde, aber von Williams gebaut wurde. Williams hatte Bally 1988 gekauft, behielt aber den Markennamen bei. Aber der Boom hielt nur ein paar Jahre an. Gegen Ende der 90er Jahre gab es einen letzten Versuch die Flipperproduktion zu retten. Williams / Bally führten das Pinball 2000 - System ein, eine Verschmelzung von Flipper und Videospiel. Das Flipperspiel auf dem Spielfeld wurde dabei durch Einblendungen unterstützt. Aber auch dieser letzte Versuch wurde nach nur zwei Modellen (Revenge from Mars und Star Wars Episode 1) abgebrochen. Zwei weitere Maschinen (Wizard Blocks und Playboy) schafften es nicht mehr bis zur Marktreife. 1999 stelle Williams (und damit auch Bally) als letzter Hersteller die Flipperproduktion ein.
Gary Stern, der Sohn des ehemaligen Williams Präsidenten und Stern Electronics Gründers Sam Stern kaufte 1997 die Produktionsanlagen und die restliche Konkursmasse der Firma Sega und baute die Firma Stern Electronics neu auf. Bis heute ist diese Firma der größte verbliebene Produzent von Flippermaschinen.
Aber es gibt auch Hoffnung. Der Flipper erfährt momentan eine Renaissance. Verbunden mit den Möglichkeiten moderner Technik (PCs, programmierbare Microcontroller, Bussysteme usw.) kann man heute einen Flipper kostengünstiger produzieren als noch vor Jahren. Da gleichzeitig die Nachfrage steigt, können auch höhere Preise aufgerufen werden, teilweise bis zum 5-fachen der Preise vor der Jahrtausendwende. So wundert es nicht, dass einige Firmen nun ihr Glück versuchen.
Die bisher erfolgreichste dieser Firmen dürfte Jersey Jack Pinball (Hobbit, Wizard of Oz, Dialed In, Willy Wonka) sein. Aber auch andere Firmen wie American Pinball (Houdini, Oktoberfest, Hot Wheels), Dutch Pinball (Big Lebowski), Haggis Pinball (Celts), Spooky Pinball (Total Nuclear Annihilation, Rob Zombies`s Spookshow, Americas Most Hounted, Rick & Morty, The Jetsons) oder Pinball Brothers (Alien) bauen interessante Geräte. Die Zeit wird zeigen wer überlebt.
In Europa werden diese Flipper momentan aber fast ausschließlich von Sammler und Privatkäufern die etwas mit dem jeweiligen Thema anfangen können gekauft. In der öffentlichen Aufstellung ist der Flipper nach wie vor ein Nischenprodukt und nur selten anzutreffen.
Dafür entstehen immer mehr Flippervereine und große (besuchbare) Sammlungen und Flippermuseen wie z.B. in Schwerin (flippermuseum-schwerin.de), in Gronau (pinball4fun.de), in Herne Insert Coins (insert-coins.com) oder in Echzell Freddys Pinball Paradies (freddys-pinball-paradise.de) bei denen man nachdem man Eintritt bezahlt hat ein paar Stunden lang nach Herzenslust gratis flippern kann. Momentan braucht man sich also über die Zukunft des Flippers nicht zu sorgen!